Vom blauen Klavier

Schien dem Novalis die Blume blau, ach blau die Blume wie dem anderen nur das Meer, so hat die Else aus Wuppertal, Klavier, ein blaues Klavier. Doch fort war sie längst, doch fort von der Wupper, geflohen aus Deutschland in die Schweiz. Bevor sie ging, bevor, nach Israel ging, die deutsche Jüdin, sie liebte ihr blaues Klavier. Doch spielen, spielen konnt sie nicht, auf diesem geliebten Klavier. Gestorben längst, gestorben, der Blaue Reiter. Die Noten für das blaue Klavier, sie waren verloren, verloren, sie konnt nicht spielen das blaue Klavier, sie konnt nicht spielen und sehnt sich doch und sehnt sich, nach den Tönen. Die Zeiten, die Zeiten, die waren nicht so, längst tot der Blaue Reiter, die braunen Herren aufmarschiert, so tanzten die Ratten auf dem Klavier, nicht mehr die goldenen Sterne. Nur spielen wollt, nur spielen, die Else auf ihrem Klavier, doch durfte nicht, doch durfte nicht, auf ihrem Klavier.

 

Else Lasker-Schüler, Mein blaues Klavier, 1937

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Weltuntergangsstimmungs/poesie

Als zu Ende war das Jahrhundert, der kommende Krieg schon in der Luft lag, die Technik sich immer schneller entwickelte, die Flugzeuge fliegen lernten und die Autos das Fahren, dem Bürgertum der Hut vom Kopf folg, da schien zu Ende die Welt, zu Ende. Weltuntergangstimmungspoesie überall. Und Else geht die Liebe suchen, die Nähe, die Wärme, die Sehnsucht nach Küssen, als die Welt zu Ende ging, vor über 100 Jahr, sie sehnte sich, sie sehnte sich, nach Liebe hier und da. Der Blaue Reiter präsentierte erst später sein blaues Pferd, erst später.Doch Else sehnte sich, nach der Liebe sie sich sehnte.

 

Else Lasker-Schüler, Weltende, 1905

Als Else Lasker-Schüler

Als Else Lasker-Schüler Franz Marc traf und wurde zu Prinz Jussuf, zu Prinz Jussuf von Theben und präsentierte, der Blaue Reiter sein blaues Pferd präsentierte dem Prinzen, da funkelten die Sterne, flogen die Karten her und hin, fern des Alltags, fern der Wirklichkeit, zwischen Feuerochs und Zitronenpferd, eingesponnen in der Märchenwelt, farbprächtige Gestirne, Fabelweltenglück.

Kandinsky, ohne Ordnung

Wie muss das gewesen sein, als besuchten, am 2. Januar 1911 besuchten Kandinsky und Marc und Werefkin und Jawlensky und Münter besuchten, in München, das Konzert von Schönberg besuchten. Die Malerei verlor die Form, die Musik verlor ebenso die Ordnung, Althergebrachtes musste weichen. Kandinsky malte, den Tönen gleich, malte die Musik, verlustig der Gegenstände, froh die Farbenkraft. Der Ausdruck siegt, fern die Ordnung, fern.

 

Kandinsky, Impression III, 1911

 

Im „Russenhaus“

Traf die Münter den Kandinsky, traf und die Liebe kam, die Farben sprangen herum. Im „Russenhaus“ am See, am Staffelsee gelegen, sich traf die Münter mit dem Kandinsky und kamen dazu alle, die Farben im Kopf hatten, Farben. Marc kam, Werefkin kam, Macke kam, Jawlensky kam. Voller Farbe Murnau, der kleine Ort, gelegen am See, voller Farbe, die Straßen blau, die Häuser gelb, als Münter war in Murnau war, im „Russenhaus“. Weg trieb der Krieg die Gäste, weg aus dem „Russenhaus“.

Marcs blaue Pferde

Blau. Natürlich blau. Sind Pferde blau. Sind Blumen blau. sagt Novalis. Die blaue Blume. Der blaue Reiter. Blau. Auch Klein malte blau. Aber es war ein anderes. Die Pferde blau. Wie kann man nur? Und wie schön. Entartet für die Nazis. Irrte Marc doch, als er gegen die Franzosen ritt. Glück gehabt. Für die Nazis entartet.

Aber klar. Hast du schon mal blaue Pferde gesehen? Und dann auch noch gelbe Kühe. Die Chinesen vertragen doch gar keine Milch. Und dann gelbe Kühe! Wie schön die Pferde doch zum Turm sich bilden.

 

Auf seinem blauen Pferd ritt

Als Franz Marc ritt, auf seinem blauen Pferd ritt, gegen Frankreich ritt, da irrte er. Wär er doch geblieben, am Kochelsee  geblieben, bei seinen gelben Kühen, oder den roten, bei seinen Rehen und Pferden und nicht geritten, gegen Frankreich geritten, einem Land, dessen Sprache er sprach, einem Land, welches er besucht hat zuvor, als Tourist besucht hat und bei Verdun ritt auf seinem blauen Pferd und starb vor hundert Jahr.