Wenn für Heiner Müller die Aufgabe von Kunst darin besteht, die Wirklichkeit unmöglich zu machen, stellt sich die Frage, wenn Kunst Erfolg hat und überall Kunst ist, in welcher Wirklichkeit wir dann leben. Oder ist die Wirklichkeit dann keine Wirklichkeit mehr? Aber was ist dann an die Stelle der Wirklichkeit getreten? Die Unwirklichkeit? Ist dann alles Traum, Fantasie? Oder ist die Wirklichkeit nur konstruiert, also gar nicht real? Und wer am Kunstwerk wirkt, erwirkt nur der Wirklichkeit oder kann, wer am Handwerk wirkt, auch Wirklichkeit erwirken?
Traum
Über die Hoffnung
Wenn nichts mehr kommt
wenn nichts mehr
der Sinn abhanden
wie soll gelingen das Leben?
So hoffen wir aufs Ewige
auf Sinn in der
Trostlosigkeit, mit Zuversicht
schauen was bringt
der Tag, der Seele Hoffnung
Hoffnung, du arme Seele
des Lebens Lauf
zwischen Wolken, Berg und
Himmel glücken soll
das Leben, fern der
Hoffnungslosigkeit
so bleibt der Tage Traum
die Hoffnung als
Möglichkeit, ein
gelingendes Leben
Über die Linde
Nein, nicht die Straße, nicht die Lindenstraße, über die Linde. Auch nicht Werbung machen, nein, keine Gase und so. Der Baum. Die Linde. Gibts die Lindenstraße noch? Interessiert das jemand? Über die Linde. Unter den Linden? Nein, keine Straßen, keine. Ich weiss, Unter den Linden ist nicht irgendeine Straße, klar. Für die Berliner zumindest, wir wollen auch nicht über die DDR schreiben. Aber ein schöner Straßenname, Unter den Linden, ein schöner Name. Viele Linden gibt es. Auch an Straßen, klar. Und Tee, Lindenblütentee, hilft bei Katarrhen, hilft, vielleicht auch bei Kopfweh, vielleicht. Schon Riemenschneider benutzte das Holz der Linde und schnitzte und schnitze. Wer träumt nicht gerne, wer träumt nicht, unter ihm, in seinem Schatten, süß, gar süß der Traum, prachtvoller Baum, Platz für viele Träume in einer lauen Sommernacht, wer hätte nicht gerne, wer hätte nicht, eine Bank unter so einem Baum, zu träumen in seinem Schatten, zu träumen.