In der Manege

In der Manege, in der runden Manege immer im Kreis laufen, tagein, tagaus, über Monate hinweg, der Clown, der Löwe, das Pferd, immer im Kreis laufen, angetrieben durch das Klatschen des Publikums, durch die schallenden Trompeten, den Peitschenhieben des Dompteurs, wenn in der runden Manege alle im Kreis herumlaufen würden, tagelang, wochenlang, monatelang, der Tier, der Affe, die Reiterin auf dem Pferd, die Artistin, der Elefant, tanzend, springend, lachend, die Hände ins Publikum werfend, immer im Kreis herum, würde das Publikum, das auch immer auf ihren Plätzen im Zelt sitzen würde, voller Erschöpfung, völlig abgemagert auf dem Boden liegen, der Löwe, das Pferd, der Clown, das Publikum, der Affe, die Reiterin auf dem Pferd, alle würden erschöpft auf dem Boden der Manege liegen. Vielleicht würde jemand, noch bei Verstand, Halt schreien, Halt schreien und dem Ganzen Einhalt gebieten. Vielleicht.

 

Franz Kafka, Auf der Galerie

 

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Vor dem Tor

Der Türsteher wirkt nicht freundlich, hütet das Tor, steht fest und klar und gibt keinen Einlass ihm, der wartet und wartet. Vergeht die Zeit und wartet, wird älter der Mann und wartet und schaut hinein in das Tor und schaut hinein und würd doch gerne hinein und durch und Innen sein und wartet. Tage und Jahre, Jahre und Tage, Wochen und Monate, sitzt da, auf einer einfachen Sitzgelegenheit und wartet. Niemand will hier herein, niemand, nur er und wartet und wird älter Tag für Tag und Jahr für Jahr und wartet. Wird grauer das Haar, wird grauer und schwächer die Augen, immer schwächer, Tag für Tag, die Ohren müde und wartet Tag für Jahr vor dem Tor um Einlass bittend. Ob freundlich, ob unfreundlich, fordernd oder zärtlich bittend, erweichend nicht sich lassend der Türsteher. Zum Gesetz will, zum Gesetz, der Mann und kommt nicht hin, verschlossen bleibt das Tor.

Der Holzvollernter

Im Schnee, Franz? Im Schnee? Wann hast du zuletzt Schnee gesehen? Und wir? Wir sollen dort liegen? Im Schnee? Tempi passati. Die Bäume werden rar. Logistikzenter stehen liegend auf der Landschaft, Logistikzenter. Bäume hier und liegen noch, aber im Schnee? Kommen die Holzvollernter, die Holzvollernter, fixieren die Stämme, entasten sie, verarbeiten die Äste zu Hackschnitzel, transportieren die fertig geschnittenen Bretter weg. Bäume im Schnee? Es liegt kein Schnee nicht, liegt kein Bam nicht, Holzvollernter kommt und weg ist er, der Baum, weg. Verbunden, der Baum? Harvester, Harvester.

Franz Kafka, Die Bäume

Vor der Akademie

Nachdem anfing zusprechen, der Affe, anfing zu sprechen, vor der Akademie, nachdem Kafka den Affen Mensch werden lässt und er, der Affe, die Zivilisation kennen lernt, all ihre wunderbaren Vorteile erlernt und trinkt, aus der Flasche trinkt, den Schnaps aus der Flasche trinkt und Mensch wird der Affe und Mensch wird, Kafkas Affe ein Mensch wird, da sieht die Akademie ihr Glück. Ihr Glück?

Samsas Kampf

Der Gregor, der Käfer, das Ungeziefer, das Untier, der der Bruder war, der der Sohn war, er musste weg. Loswerden muss man ihn, loswerden, die eigene Schwester gar, die gute, spricht dieses Urteil aus. ES muss weg, das Ungeziefer, ES muss weg. Unnützes Untier, Ballast nur, Hilfe nicht. Zurückziehend in sein Zimmer, schwer der Gang, die Wunde schmerzte, entzündet war, erreichend das Ziel, schon hinter ihm versperrt die Tür, versperrt. Aushauchend sein Leben, Triumph der Schwester. Krepiert, es ist krepiert, die Kreatur, das Ungeziefer, das Untier. Gregor Samsa ist verstorben.

Hinaus fahren sie, die drei, der Rest, ins Freie hinaus, ins Leben.

Natürlich der Apfel

Gregors Familie war eine feine Gesellschaft, ein großer Halt. Als er für sie arbeitete, ein großer Halt. Doch geworden zum Käfer, unnütz, nicht verdienend mehr Geld, unnütze geworden, zum Ungeziefer, einfach peinlich, einfach, Ballast wurde er, nur noch Ballast. Der Vater nun, der Lage überdrüssig, der Lage, legte Strenge an den Tag, Strenge. Aus der erwuchs Härte, Härte und Grausamkeit. So nahm er, der Vater, eines Tages, der Lage überdrüssig, Äpfel und warf, warf auf seinen Sohn,  den Gregor, warf nach hier und dort und traf den Käfer, den Gregor, den Sohn und traf den Rücken, traf, der Apfel verfehlte nicht sein Ziel, drang ein gar in den Rücken, gar und blieb, in der Wunde und blieb.

Samsas Essen

Hunger. Natürlich hatte Samsa Hunger. Die Schwester, die gute, brachte reichlich. Beste Ware. Für einen Käfer, der er jetzt war. Für einen Käfer. Weniger frisches Gemüse, alte Knochen von gestern, hartes Brot, noch vieles mehr, in einem Napf, das Fressen, in einem Napf. Nicht Mensch mehr, Tier, nur noch Tier. Einem Hund gleich, einmal täglich bekam er, der Gregor Samsa, sein Essen nun.

Zur Arbeit?

Zur Arbeit, an diesem Morgen? Zur Arbeit? Nicht nur der Wecker klingelt, nicht nur der Wecker. Zur Pflicht ermahnend, zur Pflicht, die Mutter, der Vater, besorgt gar die Schwester, zur Arbeit. Doch aufstehen? So? Wo anfangen soll Gregor? Wie die Beine bewegen her und hin?Doch als Käfer in die Arbeit. Wie hätte doch gestaunt der Herr Prokurist, ungeduldig wartend, ungeduldig, wenn er gesehen hätte, ihn, den Gregor Samsa so im Bette liegen, wie hätte er gestaunt.

Was für ein Morgen

Was für ein Morgen, als erwachte er, als erwachte er von schlechten, wilden, unangenehmen, nicht gerade ruhigen Träumen, erwachte, er, der Gregor, der Samsa und verwandelt war. Verwandelt war, unvorstellbar verwandelt war. Nein, nicht aufgefressen von einem Wolf, aber märchenhaft doch verwandelt war in einen Frosch. Ach nein, kein Frosch, kein Prinz, kein Wurf gegen die Wand. Verwandelt war er, der Gregor Samsa, in einen hässlichen, dicken, fetten, ekelhaften Käfer. Und alles ändert sich. Und nichts bleibt. Was für ein Morgen.