Die Schlachten waren groß, die bestehen musste der Held, umkämpft war die Stadt, Troja, umkämpft zehn Jahre lang. Mit zwölf Schiffen fuhr heim Odysseus, fuhr heim und irrte und irrte herum übers Meer. Zehn Jahre irrte Odysseus übers Meer, bis kam, allein, heim er von der Schlacht. Grausam und heldenhaft kämpfte gegen Zyklopen, einäugige, ausstechend das eine Auge, listig hängend an die Ziegen zur Flucht. Kämpfend gegen den Schlaf der Lotusblume, einfangend die Winde der Meere, besiegt die Zauberkraft, die Zauberkraft von Kirke und widersteht, widersteht den Gesang der Sirenen. Nach Lesbos schicken müsste man, nach Lesbos schicken Odysseus.
Griechenland
Idomeni
Das Ende der Welt. Kann weit sein. Kann nah sein. Idomeni ist das Ende der Welt. Das Ende für die Flüchtlinge. Das Ende von Europa. Zumindest von einem menschlich. Humanen. Besseren. Die Geschichte von Europa war, nach Hitler, nach dem Zweiten Weltkrieg, eine Geschichte der Hoffnung. Die Freundschaft zwischen Frankreich und Deutschland entstand. Die Mauer fiel. Die Fronten zwischen Ost und West lösten sich auf. Der kalte Krieg verschwand. Die EU wurde immer größer. Der Euro kam. Die Grenzen fielen. Die Eurokrise kam und alle schimpften auf Griechenland. Für die Flüchtlinge war Idomeni die Hoffnung. Jetzt ist es das Ende der Welt. Es geht nicht weiter. Und Europa ist am Ende. Das christliche Abendland fährt Europa gegen die Wand, zurück bleiben die Trümmer. Zurück bleibt die Hoffnung. Zurück bleiben die Flüchtlinge. Griechenland, der Ursprung von Europa, markiert auch die größte Krise. Wir lassen die Griechen allein mit den Flüchtlingen. Idomeni. Der Wendepunkt. Das Ende einer Idee.
Über die Rose
Über die Rose, über die Rose kann ja ein jeder, ein jeder ein Gedicht schreiben. Konnte schon Goethe. Sah, ein Junge, ja ein Junge, stehen, weit draußen stehen, eine kleine Rose. Kann man auch singen. Über den Giersch hat er nicht gedichtet, der Goethe, über den Giersch. Hätte Schubert auch nicht vertont, ein Gedicht über den Giersch, hätte nicht. Und wer hätt´es singen sollen, ein Lied über den Giersch. Fischer-Dieskau? Hermann Prei? Ein Gedicht über die Rose? In diesen Zeiten? Klar, der Frühling, kommt. Es wächst, knospet auf, auch die Rosen wollen bald. Zur Not kann man sie ja auch essen, die Rose. Nein, nicht die Dornen. Die Blütenblätter, kann man essen. Zur Not. Was machen eigentlich Pegidaanhänger mit einer Rose? Aus dem Garten verbannen? Kommt ja aus China, ursprünglich. Ist schon ein paar Jahre her. Was haben die eigentlich im christlichen Abendland verloren? Sind die Griechen wieder schuld? Haben sie schon geliebt, die alten Griechen die schönen Rosen, haben sie schon geliebt, auch die Perser haben sie geliebt. Auch der alte Nero, ja der Kaiser, hatte, klar, ein rauschendes Fest veranstaltet, auf dem Palatin ein rauschendes Fest, der Nero. Griechen, schön und gut, Römer, gehören zum christlichen Abendland. Und dann die Perser. Unmöglich, solche Blumen im Garten. Unmöglich. Durch die Rose kann man Allah verstehen, durch die Rose? In Gefahr das Abendland.
Über den Giersch
Über den Giersch. Kann denn ein Gedicht, ein Gedicht über Giersch heute möglich sein? Über Giersch? Die Pflanze, die jeder Gärtner, ob Klein- oder Großgärtner, verwünscht, zum Teufel wünscht, wegwünscht, zerwünscht. Giersch, der Aegopodium podagraria, kommt von den Ziegen her, der Name, von den Ziegen. Womit wir nicht mehr bei den Römern wären, sondern schon bei den Griechen. Bei den Griechen? Doch. Der Name leitet sich, ob man will oder nicht, aus dem Griechischen ab: αἴγειος = aigeos für von der Ziege und πούς-ποδός = pous-podos für Fuß. Klar, sieht aus wie ein Ziegenfuß, das Blatt. Die Gärtner nennen es lieber Unkraut, er wuchert ziemlich, einmal da, im Garten. Ein Gedicht über den Giersch? Möglich? Heute? Auch im Kleinen liegt das Große. Auch im Giersch steckt Griechenland. So freuen wir uns, über jedes Gedicht, wir freuen uns über jedes Gierschgedicht.