Mathias #1

Sein Gesicht war nicht glattgebügelt. Tiefe Spalten hatte die Sonne eingegraben. Gesichtspflege schien ihm eher Zeitverschwendung. Die Bartstoppeln längst grau, gingen schon ins Weiss über. Auch die Kopfhaare, durchaus noch vorhanden, waren mit der Zeit immer heller geworden. Nur seine kräftigen Augenbrauen werten sich noch tapfer. Seine Frau war schon lang verstorben, die Kinder lebten irgendwo. Sein Bauernhof war seine Welt. Nicht weniger. Andere flogen nach Amerika oder Malle. Er war hier geblieben. Hatte den Hof von seinem Vater übernommen. Der ältere Bruder hatte nicht gewollt. Zu wenig Ertrag. Mathias hatte nicht mehr gewollt. War zufrieden gewesen. Hat nie viel investiert. Warum auch. Seine Hände waren groß und schwer von der Arbeit. Fester Händedruck. Mathias hatte kein Handy. Seinen Bulldog fuhr er selber. Von satellitengestützter Kommunikation hatte er mal was im Wirtshaus gehört. Hat nie alles haben wollen. Ging ja früher auch ohne. War zufrieden mit seinen Kühen. Bekam auch ein wenig Rente. War jetzt schon über achtzig. Da brauchte er nicht mehr viel. Er hatte ein paar Sachen zum Anziehen. Für den Winter hatte er Holz gemacht.

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Die Sonne tanzt über die Hügel

Der Mäusebussard fliegt über die leeren Felder. Längst eingefahren die Ernte. Hier und da Spuren von Winterweizen. Aus dem Stall kommt ein frohes Muhen. Der Melkschemel liegt verstaubt in der Ecke. Der Himmel scheint unendlich blassblau. Auf dem alten Bulldog der Bauer fährt ein sein Holz. Die Sonne tanzt über den Hügeln. Laub wird zusammengerecht von der Bäuerin. Tiefergelegt rast der Nachbarssohn um die Ecke. In die Stadt will hier niemand. Im Advent trägt der Maibaum eine Lichterkette. Jeden Donnerstag übt die freiwillige Feuerwehr den Ernstfall. Rausschneiden aus der brennenden Karosserie. Um den Baum gewickelt. Samstagabend nach der Disko. Wenn das Leben schnell geworden.

Orange

Für die einen ist Orange eine Zitrusfrucht, manche nenne sie gerne Apfelsine, schmeckt köstlich, auch frisch gepresst, für die anderen ist Orange eine Farbe, beheimatet zwischen Gelb und Rot. So sagte Goethe nicht Orange sondern Gelbroth bzw. Rothgelb. Keine Frage ist Orange eine kräftige Farbe und wird gern von Müllmännern und -frauen getragen.Als Warnfarbe. Auch Warnwesten sind gern orange oder auch Textmarker. Als Anzugsfarbe ist Orange er ungewöhnlich, aber sicher nicht unmöglich. Während die christlichen Mönche mit der Farbe Orange wenig am Hut haben, ist sie bei den buddhistischen Mönchen ein muss. Auch bei den holländischen Fußballer. Die laufen in orangefarbenen Trikots zur Höchstform auf. Als Modefarbe ist sie manchmal wahnsinnig cool und dann lange Zeit wieder ganz schön out. Ein Mini in Orange ist zurzeit mega-in. In der Ukraine kam es sogar zur orangefarbenen Revolution. Ist der Himmel auch blau, die Sonne scheint orange. Ein Orange, welches ganz schön gelb werden kann, am Abend oder in der Früh fast ins Rote überläuft, um doch eigentlich bei sich zu bleiben. Manche Blumen blühen orange, so die Tagetes, sie riechen ein wenig kräftig oder aber auch die Kapuzinerkresse, verziert wunderbar den Sommersalat. Politisch ist die Farbe in Deutschland eher mau. Die Piraten sind schon längst gekentert. In längst vergangenen Zeiten liefen auch in Deutschland Menschen in orangefarbenen Gewändern herum und sangen lustige Lieder. Auch aus der Mode gekommen. Ein schöner Film von Rosenmüller erzählt davon. Nein, nicht der von Kubrick. Ein Sommer in Orange. Es gibt schlechtere Filme. Am meisten zu beneiden sind aber die Franzosen. Die haben sogar eine Stadt mit dem Namen Orange. Ein Sonnenuntergang in Orange ist bestimmt wunderschön in einem dunklen Orange. Der Himmel in einem wunderbaren himmelblau, die Sonne in einem kräftigen orange. So lässt sich leben.

Ein Sehnen

Der Süden, ein Sehnen, es ranken die Zypressen den Himmel hinauf, gegen Himmel gestreckt, als wollten sie noch weiter hinauf, noch weiter. Reif liegt das Korn überm Feld, golden schön, geküsst von der Sonne gar, das Korn. Der Himmel doch, unruhig da, drückt auf das Feld, als triebe hinweg, als triebe, hinweg die Sehnsucht gar. Nicht Ruhe findend, hier auf Feld, van Gogh, nicht findend da.

Kornfeld mit Zypressen

Vincent van Gogh, Kornfeld mit Zypressen, 1889