Apfelbäume, ein Trugbild

Gerhard Richter: Apfelbäume

 

Vorbei die Zeit der Blüte,
die Blätter sind gefallen, eingeholt,
gepflückt die schönsten Äpfel
herab fielen vorab schon
die Vögel freuten sich daran
und auch die Würmer
mussten  darben nicht
eingefangen die Sonnenstrahlen
verbreiten sie einen süßen Geschmack
auf dem Kuchenblech, im
Dezember gar, zur Weihnachtszeit
im Ofenrohr sie fein
gebacken uns ein Lächeln
zaubern ins Gesicht
der Bratapfel wärmt und doch 
weniger geworden sind
die Streuobstwiesen gar
und malte Richter sie
die Apfelbäume fein
als sei ein Foto es

 

 

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Der Zufall, der Maler

113 Quadratmeter groß, das Fenster im Kölner Dom, viel Arbeit für einen Fensterputzer, 11263 kleine Farbquadrate bilden dieses Fenster, viel Arbeit für einen Fensterputzer, 9,6 x 9,6 cm, viel Arbeit, auch für den Glaser, 72 Farben, angeordnet per Zufall. Keine Heiligen drauf, kein Gekreuzigter, keine Mutter Gottes, kein Papst, kein König, Farben nur, Farben. Ein griff Richter doch hier und da, da und hier, wo der Zufall nicht passend war. Nicht gefiel es dem Kardinal, das Fenster, das Fenster ohne Heilige, ohne Jesus. Doch erahnen kann man, erahnen, durch das Licht, die Schönheit der Welt und danken.

Gerhard Richter Kölner Dom Fenster, 2007

Kölner Dom Fenster

Richter in Florenz

Unschärfe entsteht verschieden. Richter malt unscharfe Gemälde von scharfen Fotografien. Oder Richter nimmt scharfe Fotografien und macht sie unscharf. Florenz/Firenze, die Stadt der Touristen, die Sehnsuchtsstadt der Deutschen in der ach so geliebten Toskana, die überschwemmte Stadt, die Stadt, die im Sommer kaum noch atmen kann vor lauter Menschen, die mit ihren Kameras die Stadt ablichten, auf den Spuren der Medici, Michelangelo David anschauen, oder die Venus von Botticelli in den Uffizien. Millionen Fotos, Millionen Ansichtskarten zeigen diese Stadt. Und Gerhard Richter übermalt diese Fotos, gegen den Strom der Touristen, gegen die ach so bekannten Fotografien und Ansichtskarten. Übermalt mit Öl die Fotografien, übermalt und gibt der Stadt ihr Geheimnis wieder.

Firenze

Gerhard Richter, Firenze (7/99), 2000

Sommerurlaub

Sie schauen, dem Meer entsprungen, Sommerferienspaß, die Familie. Wer macht das Foto? Wer ist hinter der Kamera? Is es ein Fremder? Ist es ein Mitglied der Familie? Sind alle drauf? Fehlt jemand. Lächeln, alle schön Lächeln. Spaghetti, alle sagen jetzt Spaghetti. JEtzt wackelt doch nicht so. Haltet still. Klick. Wartet, ich mach noch eins. Noch mal Spaghetti. Eins, zwei, drei. Richter malt dieses Foto, malt, seien sie am Meer, seien sie. Die Aufnahme fast verwackelt. Auslöschend das Gemälde all die anderen Fotos, auslöschend.

 

Familie am Meer

Gerhard Richter, Familie am Meer, 1964

Unscharf, die Tulpen

Als Gerhard Richter die Tulpen malte, die gelben, waren es holländische oder deutsche?, als Richter die Tulpen malte, wurden sie unscharf. Nicht richtig eingestellt die Augen oder das Objektiv? Unscharfe Tulpen, ein Bund unscharfer Tulpen, verwackelt das Gemälde, verwackelt und doch viel schärfer als tausende Fotos, viel schärfer, einbrennend als Bild in die Augen des Betrachters, viel schärfer als tausende Fotos, viel. Vorher fotografiert hatte Richter die Tulpen, scharf fotografiert.

Tulpen

Gerhard Richter, Tulpen, 1995