Nikolausabend

Marias Heimkehr lässt auf sich warten. Längst kalt geworden ist den Störchen, im Ofen warten schon die Äpfel. Die Radfahrer sind in diesen Tagen weniger geworden, der Nebel hat über Nacht die Bäume weiß gefärbt, Schneeersatzstoff für die Träume. Fliegen über weiße Landschaften, Hügel für Hügel. Nikolaus war kein Seemann, die Schuh werden nach draußen gestellt, zumindest heute Nacht. Holz müsste auch noch gehackt werden, die Kinder bekommen an den Schaufenstern große Augen. Wunschzettelglückseligkeit. Der Krampus poltert schon lange nicht mehr. In der Stadt habe ich Joseph getroffen. Er wusste von nix. Kirmesbudengleich leuchtet manches Haus.

Wörter in Kopfkissen

Für L.Z.

Wenn die Wörter ins Kopfkissen gefüllt werden, anstelle der Daunen, wie muss man wunderbar liegen. Die Nächte werden voller Träume, der Kopf findet die schönsten Geschichten. Die Feen schütteln die Wörter, die Kobolde verpflechten sie, der Koch macht eine wunderbare Mitternachtssuppe daraus, für wenn erwacht von unruhigen Träumen, die Engel singen ein himmlisches Lied. Ach wie erlabend der Schlaf, wie schön die Erinnerung an all die Geschichten. Am Morgen frisch und munter die Geschichten im Ohr an den Tisch gesprungen, alles notiert.

Lass uns schaukeln

Lass uns schaukeln, im Garten, Luise, lass uns schaukeln, hoch bis zum Himmel wollen wir, hoch bis zum Himmel, lass uns rennen, Frederike, lass uns rennen, den Berg rauf bis zum Gipfel, lass uns rennen, lass uns in den See springen, Katharina, in den See und bis zu den Fischen tauchen, bis zu den Fischen, lass uns hüpfen, Elisabeth, lass uns hüpfen, über die Bäume bis zu der grünen Wiese, lass uns hüpfen, lass uns lachen, Annabel, lass uns lachen, bis über die Straße, lass uns lachen, lass uns traurig sein, Susanne, lass uns traurig und uns die Sterne ansehen, lass uns traurig sein. Die Sterne sehen auf uns, die Sterne und bewachen unsere Träume. Lass uns schaukeln, im Garten.

Lad deine Träume ein

Beobachte. Krokodile, Elefanten, Schlangen, Spinnen. Schau sie genau an. Lad ein zum Teekranz den Herzensbrecher, Wortdieb, Bilderzerstörer, lad ein. Lad ein die, die deine Schwiegermutter nicht sehen will, lad ein. Lad deine Träume ein, deine großen und kleinen. Die geheimen und wilden. Lad deine Träume ein. Im Kino gewesen, geweint, sagt Kafka, im Kino gewesen und geweint. Liebe die Freiheit, das Leben, aber Liebe. Jeder ist ein Künstler, jeder. Lad das Kind in dir ein und feiere mit ihm ein Fest. Freu dich und male, zeichne, freu dich und schreibe. Schaukle auf der Himmelsschaukel, schaukle.

 

Joseph Beuys, Jeder Mensch ist ein Künstler