Die Kittelschürze ist akkurat gebügelt, ihre
müden Hände streichen langsam über den
Küchentisch, manchmal geht sie über den
Hof und schaut verloren in den Stall
der Mann schon vor Jahren verstorben
der Jungbauer hat den Hof längst
aufgegeben, hat ein wenig Land verkauft
der Bulldog steht geputzt im Schuppen, die
Knie wollen nicht mehr so vom vielen
Arbeiten, manchmal kocht sie sich
noch was, wenn Besuch kommt, macht sie
Kaffee, früher gab es bei ihr immer einen
Kuchen, meist erzählt sie alten Geschichten
das kann sie noch ganz gut, an schlechten
Tagen verwechselt sie den Kühlschrank
mit dem Ofen und wundert sich
gestorben wird daheim
Ich liebte die Geschichten meiner Großmutter und bin dankbar, dass sie mir so viel aus ihrem Leben berichtete. Auch wenn die Geschichten teilweise viel Leid beinhalteten, weil sie als junges Mädchen alleine aus ihrer Heimat Ostpreußen flüchten musste und auf ihrem Fluchtweg über das Haff viele schlimme Erfahrungen erlebte, die erst im Rentenalter erzählt werden konnten. In ihren letzten Lebensjahren appellierte sie immer wieder an uns, dass es niemals wieder Menschen wie Hitler und seine Schergen sowie Anhänger*innen geben darf. Sie verstarb 2008 und sie wäre bestimmt über die heutige gesellschaftliche und politische Entwicklung empört und laut am schimpfen.
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