In Neukölln wollte nicht jeder wohnen. War für Schmidt in Ordnung. Kreuzberg hatte ihn nie gereizt. War nicht seine Welt. Er mochte das Rathaus mit seinem langen Turm. Auch den Hermannplatz. Nicht, dass da viel los gewesen wäre. Aber es war seine Heimat. War in Westberlin großgeworden. Hatte mit Ostberlin nichts am Hut gehabt. Damals nicht. Heute auch nicht. Der Karstadt am Hermannplatz war im 2. Weltkrieg beschossen worden. War damals ein imposantes Gebäude gewesen. Damals. Vor dem Krieg. Schon früher gab es die U-Bahn am Hermannplatz. Schmidt hatte schon immer im Karstadt gearbeitet. Keine große Nummer. Hatte nichts rechts gelernt. Hatte immer die Regale aufgefüllt. In der Früh. Am Abend. Auch am Samstag. Sein Geld war immer regelmässig gekommen. Hatte eine billige Wohnung. War zufrieden. Wenn er genug Geld hatte, ging er gern ins Tiefpunkt. Sportsbar. Fußball schauen. Bier trinken. Wetten. Wenn er kein Geld hatte, ging er auch hin. Anschreiben lassen. Manchmal gab es Ärger. Hier und da eine kleine Schlägerei. Schmidt hatte noch die meisten Zähne. Hielt sich meist raus aus dem Ärger. Nur wenn er großen Durst hatte, hatte er sich nicht mehr unter Kontrolle. Dann kam die Wut über ihm. Kroch aus ihm heraus. Wollte dann am liebsten alles kurz und klein schlagen. Der Wirt schmiss ihn dann meist raus. Das eine oder andere Glas ging dabei schon mal kaputt. Manchmal blutete er dann aus der Nase. Eigentlich hätte er gern eine Freundin gehabt. Aber meist hielt die Beziehung nicht lange. Der Karstadt war damals topmodern gewesen. Direkter U-Bahnanschluss. Heute war der Karstadt nichts besonderes mehr. Vom alten Glanz war nicht viel geblieben. Schmidt mochte ihn noch immer. War sein zuhause. Viel mehr hatte er nicht. In der Früh ging er immer hin. Regale auffüllen.
Armer Kerl! 😯
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nicht alle fahren SUV…
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Ich weiß, wie das ist. Das Umfeld wird sehr klein, wenn man zur Hälfte unterhalb des Medianeinkommens zählt.
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so ist das wohl…
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