Sie wollte schon immer ein großes Schiff fahren. Angefangen hatte es auf der Schiffswerft. Dort hatte sie ihre Ausbildung gemacht. Schiffe gebaut. Doch nur bauen war ihr zu wenig. Sie wollte auf einem Schiff fahren. Es selber steuern. Hatte angeheuert bei einer Reederei. Mila fuhr nun im Sommer immer auf der Lena. Meist von Ust-Kut aus. Ab hier war die Lena befahrbar. Kreuzfahrtschiff. Die Lena runter bis zum Polarmeer. Die wenigen Monate, wenn die Lena kein Eis trug. Von Ust-Kut bis zum Meer waren es rund 3500 KM. Nicht alle Passagiere blieben die ganze Zeit an Bord. Soviel Zeit hatte nicht jeder. Soviel Geduld auch nicht. In der Regel fuhr sie bis nach Tiksi. Die MS Michail Svetlov war 90 Meter lang, weiß und hellblau. Sie liebte ihr Schiff. Über hundert Leute konnten an Board schlafen. An Bord gab es sogar ein Kino. Wenn die Leute kein Wasser mehr sehen konnten. Mila war nie im Kino. Höchstens ging sie in die Sauna. Wenn sie keinen Dienst hatte. Viele Gäste kamen aus Europa. Aber auch aus Japan oder China kamen immer mehr Touristen. Mila mochte alle Touristen. Am liebsten mochte sie aber das Wasser.
Im Winter arbeitete Mila in der Werft. Aber für drei Monate fuhr sie auf der Lena. Dann war sie frei. Mila lebte gerne in Ust-Kut. Es lies sich gut leben dort. Trotzki war auch in Ust-Kut. Doch er war nicht freiwillig da. War verbannt worden. Schon 1898 war Trotzki verhaftet worden und kam dann später nach Ust-Kut. Im Winter fuhr Mila gerne mit der Eisenbahn. Sie war eben gerne unterwegs. Fuhr nach Nowosibirsk für ein paar Tage. Wenn sie Urlaub hatte. In Moskau war sie auch schon gewesen. Sie liebte das Zugfahren. Da war sie fast so glücklich wie auf dem Schiff. Das Warten auf das Schiff fiel ihr so nicht so schwer.
Von Ust-Kut brauchte sie zehn Tage nach Jakutsk. Hier wechselten oft die Passagiere. Die Kabinen kosteten ja auch einen Haufen Geld. Hätte sie sich selber nicht leisten können. Manche blieben auch bis Tiksi. Wollten zum Meer. Hatten Zeit. Hatten Geld. Fast genauso lang brauchte das Schiff von Jakutsk zum kalten Meer. Manche nahmen auch nur eine Hinfahrt und flogen zurück. Es gab viele Möglichkeiten. Wenn man genug Kleingeld hatte.
Den Touristen wurde während der Fahrt etwas geboten. Grillen am Strand, Schamanenzeremonie, Felsen und Buchten, Rentiere und wilde Pferde. Unterhaltung musste sein. Nicht nur Abendessen im Bordrestaurant. Und böse Geister vertreiben konnte nicht schaden. Mila war abergläubisch. Sie glaubte an böse Geister. An schwarze Katzen. Kinder hatte Mila noch keine. Ihr Freund lebte in Jakutsk. War auch oft unterwegs. Arbeitete bei der Bahn. So waren beide gerne unterwegs. Manchmal trafen sie sich. Es gab ja Wlan. Es gab ja Skype. Zu fest binden wollte sich Mila nicht. Ihre Eltern lebten auf dem Land. Zuviel Nähe brauchte sie nicht. Wenn sie nicht arbeiten musste, trank sie gerne ein Bier. Wodka mochte sie nicht. Aber zum Feierabend ein Bier. Und geräucherter Fisch. Dann war sie zufrieden. Baba Jaga kannte sie gut. Mit Trotzki konnte konnte Mila nichts anfangen. Putin war ihr auch egal. Sie wollte ihre Ruhe. Sie wollte im Sommer aufs Schiff.